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10.03.2002

1994-2002 Konzerte mit dem Instrumentalverein Wuppertal

(von Daisy (Weber)/ Nestler)

Wie es dazu kam ….


Wächst jetzt zusammen, was zusammengehört?

Die Gründung des neuen gemeinnützigen Vereins „Sächsisches Sinfonieorchester Chemnitz e. V.“ am 26. 06.1991 war nach der sog. Wende und dem Beitritt der DDR zur BRD damit verbunden, sich mit den neuen rechtlichen Gegebenheiten vertraut zu machen: Wie funktioniert ein Verein? Was muss für eine Gemeinnützigkeit beachtet werden? Wie kommt man zu den nötigen finanziellen Mitteln? Wie stellt man Förderanträge? Wie kommt man mit marktwirtschaftlichen Bedingungen zurecht? u.v.a.m. Nichts lag daher näher, als am besten einen Verein aus den „Altbundesländern“ zu kontaktieren und vielleicht ein gemeinsames Treffen oder gar Konzert zu veranstalten. Lernen im neuen System der Vereine war das Gebot der Stunde. Eine Anzeige im Vereinsblatt des „Bundes deutscher Liebhaberorchester“ wurde geschaltet. Der Wuppertaler Instrumental-Verein mit seiner 160jährigen Geschichte, eines der ältesten Laienorchester Deutschlands, meldete sich bei uns. Ein erstes Treffen beider Vorstände (Vorsitzender von Wuppertal: Ulrich Kaiser, Dirigent: Frank Doolan) fand zunächst in Wuppertal statt. Für uns als sog. Ostdeutsche eine neue Erfahrung. Freundlich wurden wir empfangen und bewirtet. Wuppertal ist bekannt für seine einzigartige Schwebebahn, die über der Wupper verläuft. Die Stadt zeichnet sich durch ihre steile Topografie, eine reiche industrielle Vergangenheit, vor allem in der Textil- und Chemieindustrie, sowie eine lebendige Kulturszene aus. Parks, Grünflächen und historische Architektur prägen das Stadtbild. Interessante Gespräche zur Vereinsgeschichte und zu den Aktivitäten des Vereins führten schließlich am Ende des Besuches zur Vereinbarung ein gemeinsames Konzert in Chemnitz zu veranstalten und auch den Wuppertaler Musikfreunden unsere Stadt mit ihrer Umgebung zu zeigen. Das Erzgebirge war ihnen ja bislang durch den „Eisernen Vorhang“ verschlossen.  

25.05.-29.05.94, Chemnitz

Nach dem Besuch in Wuppertal wurde der Aufenthalt in Chemnitz präzise geplant:  Die Unterbringung erfolgte In den Hotels „Dittersdorfer Höhe“ und „Zur Linde“ in Weißbach – schon fast mitten im Erzgebirge und mit einem herrlichen Ausblick auf das Mittelgebirge. Die Busfahrt wurde gleich für eine kleine Erzgebirgsrundfahrt genutzt und abends fand ein geselliges Beisammensein statt – man lernte sich allmählich näher kennen – es galt Mauern einzureißen und Fachsimpeleien der Musiker sind sofort das verbindende Element. Das gemeinsame Konzert am 28. Mai 1994 im Veranstaltungssaal „Forum“ (die Stadthallen-Säle konnten wir nicht mehr finanzieren) wurde ein großer Erfolg – ein Anreiz für weitere Aktivitäten. Ein gemeinsamer Konzertausklang im Ratskeller und der Besuch am nächsten Tag von Schloss Augustusburg lies den Abschied schwer werden, allerdings waren im Gepäck schon einige Ideen für ein weiteres gemeinsames Konzert in Wuppertal.

15.03.-17.03.1996, Wuppertal

In der neu eröffneten Stadthalle in Wuppertal sollte unser 2. gemeinsames Konzert stattfinden – als weiterer Höhepunkt unserer gemeinsamen Arbeit. Der imposante Bau ist nach grundlegender Restaurierung des 100 Jahre alten Gebäudes ein Juwel der Architektur, aber auch der Akustik. Ein tolles Erlebnis darin spielen zu dürfen und vor allem in Gemeinsamkeit. Das Konzert selbst war ein ganz besonderes Erlebnis unserer Chronik – ein überaus begeistertes Publikum, tosender Applaus für völlig erschöpfte Musiker. Während unserer Reise konnten wir das reizvolle Bergische Land im Tale der Wupper kennenlernen. Unter uns Musikern zog die Vereinigung der deutschen Länder ihre Bahn – eine musikalische Städtepartnerschaft sozusagen.

06.11.-08.11. 1998, Chemnitz

Am 7. November 1998 fand unser 3. gemeinsames Konzert mit dem Wuppertaler Orchesterverein statt. Nach der Ankunft am 06.11.98 gab es eine sehr eindrucksvolle Führung durch unseren unvergessenen Türmer Stefan Weber – nicht nur die Tracht war etwas Besonderes, sondern das große Wissen um unsere Heimat und Chemnitz insbesondere sowie seine außergewöhnliche Begabung der Vermittlung. Unsere Wuppertaler Musikfreunde wurden wunschgemäß wieder in die typisch erzgebirgischen Unterkünfte, Hotel Kleinolbersdorf und Dittersdorfer Höhe, gefahren. Interessante Gespräche füllten die Abendrunde. Nach anstrengenden Proben am nächsten Tag folgte dann 17 Uhr unser gemeinsames Konzert – zum 1. Mal war der Kleine Saale der Stadthalle ausverkauft – ein tolles Erlebnis!

08.03.-10.03.2002, Wuppertal

Zum zweiten Mal fuhren wir Richtung Wuppertal – aber diesmal kannten wir den Fahrweg und unsere Musikfreunde bereits sehr gut. Als ostdeutsches Laienorchester mit kompletter sinfonischer Besetzung hatten wir uns im Freistaat etabliert. Nach einer herausfordernden Zeit ging es mit unserem Verein aufwärts. Kaum in Wuppertal angekommen, ging es zur Probe und wir feierten gemeinsam in einer gemütlichen Gaststätte. Es gibt viel zu erzählen – der Abend wurde seeeeehr lang und der Busfahrer musste uns bitten, endlich einzusteigen. Nochmals ein Konzert in der wunderschönen Stadthalle – welch großes Erlebnis und man will eigentlich die Bühne gar nicht verlassen. Die Wuppertaler Presse schreibt: „Kongenial fügten sie sich zu einem großen Klangkörper, glänzten mit derart homogenen Streicher- und Bläserklängen, als wäre es ein über Jahre fest gewachsenes Orchester.“  Ja, in der Musik ist das möglich – ein großes Lob für uns, und so hofft man, dass es auch politisch so voran gehen möge. Ein Besucher schrieb uns: „Meine Gedanken gehen dabei über das rein Musikalische hinaus, denn auf dem Hintergrund der ebenso unnötigen wie lächerlich unschönen Abgrenzungen der östlichen und westlichen Teile Deutschlands nach der Vereinigung ist es gerade zu wohltuend zu sehen , dass solche Probleme musizierende Menschen anscheinend gar nicht wahrnehmen. Man sollte alle Menschen verpflichten, ein Musikinstrument zu erlernen und in einem Ensemble zu musizieren. Vielleicht sehe unserer Welt ein wenig besser aus.“ Abends lockte das gemeinsame Essen mit unseren Freunden. Leider hieß es am nächsten Tag Abschied nehmen. Der Besuch des Solinger Messermuseums hatte für mich als Materialwissenschaftlerin einen besonderen Reiz – die Solinger Schmiedeordnung von 1571 erhielt ihren Platz in der Vorlesung. Nach dem gemeinsamen Mittagessen verabschiedeten wir uns herzlich von den Wuppertaler Gastgebern, überreichten Gastgeschenke und traten dankbar die Heimreise an.